Das philosophische Café unseres Gymnasiums ist nach der Pause wieder eröffnet und begrüßte voller Vorfreude den Rapper Ben Salomo, der vor der gesamten Kursstufe 1 über den Antisemitismus in der deutschen Hip-Hop Szene sprach.
Ben Salomo wurde 1977 unter dem bürgerlichen Namen Jonathan Kalmanovich in der israelischen Stadt Rechovot geboren. Im Alter von vier Jahren siedelte er gemeinsam mit seinen Eltern in das damalige West-Berlin um. Hier hielt er Kontakt zur Jüdischen Gemeinde und wuchs zugleich in den Hinterhöfen von Schöneberg unter arabischen und türkischen Migranten auf. 1997 begann er, Hip-Hop- Musik zu machen. Acht Jahre hostete er auf Youtube die erfolgreiche Battle-Rap- Veranstaltung »Rap am Mittwoch« mit rund 417 000 Abonnenten und über 112 Millionen Views. Im Mai 2018 gab er das Musikformat wegen der starken antisemitischen Tendenzen in der Deutschrap-Szene auf. Für sein Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus wurde ihm 2018 das Robert- Goldmann-Stipendium verliehen. 2019 erschien seine Autobiografie „Ben Salomo bedeutet Sohn des Friedens“.
Die Turnhalle konnte sich kaum von dem Andrang der Schülerinnen und Schüler retten, als die Gäste und die ZuschauerInnen von den Musiklehrern der Schule Herrn Schaumlöffel und Herrn Wunderle, mit einem fröhlichen Klezmer Musikstück empfangen wurden. Herr Aronikov, der Lehrer des Ethikleistungskurses und der Leiter des philosophischen Cafés, stellte die Gäste vor und berichtete von aktuellen antisemitischen Vorfällen in der Region. Danach erzählte Ben Salomo, den alle Schülerinnen und Schüler von Youtube kannten, von seinen Erfahrungen in der Rap-Szene und einfach aus seinem Leben als Jude in Deutschland. Insbesondere ging er auf den eklatanten Antisemitismus ein, der von einigen Rappern in den sozialen Medien verbreitet wird. Er berichtete sowohl von öffentlichen antisemitischen Anfeindungen, aber auch von subtilen Andeutungen, dass man in Deutschland als Jude nicht willkommen sei. Sichtlich betroffen berichtete er auch davon, dass selbst sehr bekannte und anerkannte Rapper immer antisemitischer werden. Ben Salomo zeigte dabei mehrere Quellen und Posts in den sozialen Medien, die allesamt beunruhigend und offensichtlich antisemitisch waren. Er berichtete von Kollegen, die „Rap am Mittwoch“ als eine „Judenveranstaltung“ bezeichneten. Er beschrieb öffentliche antisemitische Eskapaden im Rahmen der Battles. Selbst sein Ausstieg aus dem Projekt, bezeichneten einige Künstler als Verrat eines Juden, damit dieser Geld mit seinem Buch machen kann. Ben Salomo appellierte an die Schüler eigenständig zu denken, wenn sie solche Texte hören und zu hinterfragen, welche Ziele und Zwecke hinter einer Line stecken könnten.
Ben Salomo erfragte, ob die Schülerinnen und Schüler schon konkrete antisemitische Gerüchte gehört haben, was so gut wie bei allen der Fall war. Anschließend beschrieb er auch seine persönlichen Erfahrungen, die er als ein Jude in Deutschland machten musste. Da war beispielsweise die Enttäuschung, als sein bester Freund aus der Grundschule ihn verprügeln wollte, nur weil erfuhr, dass Ben Salomo Jude ist. Ben Salomo thematisierte auch die Gespräche mit seinem Großvater, der den Nationalsozialismus überlebt hatte. So zeigte er auch die allgemeine Situation der Juden in Deutschland auf: Jede jüdische Einrichtung steht mittlerweile unter Polizeischutz. Viele Juden haben Angst, ihren Glauben öffentlich auszuleben oder nur zu erwähnen. Auch in Mannheim…
Anschließend durften Schülerinnen und Schüler dem Gast Fragen stellen, was sie auch sehr aktiv taten. Es wurde nach seinen Erfahrungen in der Szene gefragt, nach Strategien für die Bekämpfung des Antisemitismus und nach konkreten Künstlern, über die Ben Salomo sprach. Die Schülerinnen und Schüler waren so interessiert, dass bei weitem nicht alle Fragen aus Zeitgründen beantwortet werden konnten.
Die Schülerinnen und Schüler waren so sehr von Ben Salomos Worten begeistert, dass seine Applauszeit eine nicht schulübliche Dimension annahm. Ben Salomo konnte durch seinen Bekanntheitsgrad und seine rhetorische Qualität alle ZuschauerInnen auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen und zeigte sich am Ende auch selbst vom LFG sehr angetan: „So vorbereitet und interessiert habe ich bislang keinen Vortrag erlebt“.
Das philosophische Café bedankt sich bei Ben Salomo und der Friedrich-Naumann-Stiftung für den bewegenden Auftritt, bei den Musikern für das mitreißende Musikstück und bei der Schulleitung für diverse Unterstützung.
M. Aronikov