Schillers Kabale und Liebe – Aufführung des NTM (Altes Kino Franklin)
>> Kabale und Liebe – was ist das? <<
Es soll nun keine Nacherzählung der Neuinszenierung Kabale und Liebe folgen, welche wir, der Deutsch-LK der Frau Welz, am Mittwoch, den 09.07.25, gesehen haben. Zusammengefasst geht es um die Liebe des adeligen Ferdinand, Sohn des Präsidenten Walter, und der bürgerlichen Luise, Tochter des Stadtmusikanten; diese soll mit Lügen, Intrigen und Erpressungen durch die Oberschicht, hier den Präsidenten höchstselbst, zerstört werden. Das Stück endet in einem Selbstmord des Paares. Daher der Name Kabale und Liebe.
>> Moderne Inszenierung eines alten Stücks? <<
Die Aufführung als solche war interessant, und wenn man die einzelnen Details genauer betrachtet und über sie nachdenkt, sieht man, dass die Regie sich über das Stück und wie man es modern inszenieren kann, Gedanken gemacht hat – und auch, wie man es für die heutige Zeit bzw. für die heutige Generation anpassen kann, ohne dass die wichtigste Botschaft Schillers verloren geht. Und diese Botschaft ist damals wie heute überaus brisant und aktuell:
Sie ist eine grundlegende Kritik an der Spitze der Gesellschaft und auch an jenen, die sich die Unterdrückung tatenlos gefallen lassen. Sie ist eine Kritik daran, dass sie scheinbar selbst nicht für die Taten belangt werden, die sie als Verbrechen definierten. Eine Kritik daran, dass Reichtum zu einem hohen Stand führt, dass man selbst über dem Gesetz zu stehen scheint. Eine Kritik daran, dass die Regeln, die der hohe Stand festgesetzt hat, nicht für ihn, sondern für das einfache Volk gelten. Sie ist eine Kritik daran, dass Geld und Einfluss mehr zählen als Gerechtigkeit.
>> Übers Ziel hinausgeschossen? <<
Was gut gemeint war, wurde irgendwann zu viel des Guten. Die Kritik ist noch durchgekommen – doch zu welchem Preis? Diese Aspekte alleine reichen noch nicht, um die Inszenierung weit über den grünen Klee zu loben. Friedrich Schiller würde sich wohl im Grab umdrehen, dass man denken könnte, eine Turbine wäre statt seiner begraben worden, hätte er sie gesehen.
Ein Problem ist nicht nur die Textkürzung, sondern die Textveränderung, also die Veränderung der Wortwahl. Das NTM hat das Stück insgesamt so aufgeführt, dass es besonders an die Jugendsprache angepasst wurde, auch wenn noch viel „Schillersprache“ verwendet wurde.
Das Problem ist nicht, dass man versuchte, krampfhaft in Schillers Weise zu sprechen, sondern dass man versuchte, seine Sprache krampfhaft mit Jugendsprache aufzupeppen, genauso, wie man auch die Kostüme aufpeppte: Der Sohn des Präsidenten hatte eine Jogginghose an, seine bürgerliche Freundin war wie ein Gartenschlauch gekleidet und die Frau von Kalb, die bei Schiller der Hofmarschall war, hatte ein Kleid an, das überraschend viele Ähnlichkeiten mit einem schwarzen Müllsack hatte. Solche Kostüme irritieren leider, statt wirklich Verständnis zu schaffen.
Es war, als ob man die Schlachten in Tolkiens Der Herr der Ringe mit Panzern statt auf Pferden führt, und der Eine Ring ein USB-Stick mit den Atomcodes ist. Bei einigen Figuren lag der Fokus wohl eher auf Unterhaltung als auf Bildung. Gerade so etwas zieht insgesamt sowohl das Stück als auch die eigentliche Botschaft ins Lächerliche. Gerade für diejenigen, die das Stück gar nicht kennen oder die Schiller-Fassung vorher gelesen haben, ist es verwirrend bis missverständlich. Gerade die, die den eigentlichen Kern der Geschichte nicht kannten, können ihn auf diese Weise nicht mehr erkennen.
>> Selbst Schiller sagte: „Das Theater ist die Schule des Volkes“ <<
Das Theater ist ein Ort der Bildung, nicht ein Ort, der Bildung voraussetzen sollte. Doch genau das schien der Fall zu sein. Mit dieser „Lächerlichmachung“ schien man eben genau das vorauszusetzen, denn sonst hätte man es wohl nicht gemacht. Man schien bereits vorauszusetzen, dass man weiterdenkt und die einzelnen Details interpretiert. Aber um weiterzudenken und zu interpretieren, ist es erst mal notwendig, zu wissen, worüber man überhaupt nachdenkt und was man interpretiert.
>> Danke für Ihre Aufmerksamkeit <<
Nun, um den Text zu beenden: Insgesamt war es eine recht mutige und herausfordernde, aber leider auch verfremdete Inszenierung. Das NTM hat sich gründlich mit dem Drama befasst, jedoch waren nicht alle modernen Elemente ohne Weiteres nachvollziehbar.
Younis A. (KS1)

Theaterbesuch „Kabale und Liebe“
Die Literaturepoche des Sturm und Drang lebt von starken Gegensätzen, vor allem den gesellschaftlichen Gräben zwischen Adel und Bürgertum. Friedrich Schillers Drama Kabale und Liebe erzählt von der verbotenen Liebe zwischen dem adligen Ferdinand und der bürgerlichen Luise, deren Beziehung an den gesellschaftlichen Zwängen und Intrigen zerbricht. Das tragische Ende in einem doppelten Selbstmord ist ein starkes Symbol für die damaligen Konflikte.
Am 9. Juli 2025 besuchten wir, der Deutsch-Leistungskurs von Frau Welz, eine moderne Inszenierung dieses Klassikers des NTM im Alten Kino Franklin.
Die Inszenierung war bewusst modern gestaltet, was sich besonders in der Technik zeigte: Eine Kamera filmte die Bühne live und übertrug parallel Szenen aus anderen Räumen. Zwar sorgte diese simultane Darstellung anfangs für Verwirrung, doch sie ermöglichte auch neue Einblicke hinter die Fassaden der Figuren. Dieses Konzept empfanden viele als spannend – mich persönlich hat es jedoch eher irritiert und den Fokus auf das Wesentliche erschwert.
Was mich besonders störte, war die deutliche Abkehr vom Originaltext. Einige Szenen wurden nicht gesprochen, sondern nur bildlich umgesetzt, was zu einer gewissen Oberflächlichkeit führte. Die Sprache Schillers, die so kraftvoll und prägnant ist, wurde an vielen Stellen geopfert. Doch gerade Schillers Originaltext – wenn auch in gekürzter Form – gab der Inszenierung Substanz.
Besonders kritisch sehe ich die Inszenierung der Sexualität und Nacktheit. Eine eingefügte homosexuelle Szene sollte die Bigotterie des Adels offenlegen – ein interessantes Konzept, das im Nachgespräch erläutert wurde. Dennoch empfand ich diese Szene als zu plakativ, sie waren ein Fremdkörper, der Schillers Werk unnötig überfrachtet. Dass die Inszenierung damit deutlich von der Vorlage abweicht, ist unübersehbar und wirkt stellenweise eher wie eine Modeerscheinung als eine wirklich tiefgehende Interpretation.
Auch die Aufwertung der Frauenfiguren und Bediensteten durch einen feministischen Zugang sehe ich ambivalent. Einerseits begrüße ich es, zeitgenössische Themen wie Gleichberechtigung einzubringen. Andererseits frage ich mich, ob es sinnvoll ist, Schillers Darstellung der damaligen sozialen Verhältnisse so stark umzuschreiben, dass das Stück an Authentizität verliert. Diese Umdeutung kann den Blick auf die historischen Konflikte verwässern und das Stück in eine moderne Schablone pressen, die nicht mehr dem Original gerecht wird.
Man merkt deutlich, dass das NTM versucht, das Stück für ein junges Publikum zugänglicher zu machen – das ist grundsätzlich löblich. Doch dabei besteht die Gefahr, dass der Kern von Kabale und Liebe verloren geht. Die Kombination aus modernen Elementen und klassischem Stoff wirkt manchmal unausgewogen, ja fast widersprüchlich. Für Liebhaber klassischer Literatur ist das frustrierend, denn das Stück wird so zu einer Art Hybrid, das weder ganz originär noch ganz zeitgemäß wirkt.
Trotz dieser Kritik muss ich zugeben: Die Inszenierung regt zum Nachdenken an und hat in unserem Kurs eine spannende Diskussion entfacht. Sie zeigt, wie schwierig es ist, einen Klassiker zeitgemäß zu interpretieren, ohne ihn zu entstellen. Ob das Stück Schiller gerecht wird, muss jeder Zuschauer selbst entscheiden. Für mich persönlich bleibt die Inszenierung ambivalent – ein interessanter Versuch, der das Publikum stets herausfordert.
Insgesamt war der Theaterbesuch dennoch lohnenswert – vor allem, weil er neue Perspektiven eröffnete und dazu anregte, kritisch über Literatur, Geschichte und ihre Bedeutung heute nachzudenken.
Subhan N. (KS1)

Fotos: Christian Kleiner / NTM
https://www.nationaltheater-mannheim.de/presse/produktionen/k/kabale-und-liebe



