Porajmos
Seit dem Jahr 1414, als die ersten Sinti nachweislich in Deutschland lebten, hat die Gemeinschaft unter der Unterdrückung durch die deutschen Regierungen sowie unter den vorurteilsbehafteten Ansichten ihrer Mitbürger gelitten. Diese Ausgrenzung gipfelte in den nationalsozialistischen Gesetzen, den systematischen Verfolgungen und der Ermordung hunderttausender Sinti und Roma.
Im Jahr 1926 verschlechterte die Verabschiedung des „Bayrischen Zigeuner- und Arbeitsscheuengesetzes“ die Lebensbedingungen für Sinti und Roma in Deutschland nochmals erheblich. So wurden sie gezwungen, sich als „Zigeuner“ registrieren zu lassen, sich bei ihrer Ankunft auf einem Rastplatz polizeilich zu melden oder zu arbeiten, sobald sie 16 Jahre alt waren.
Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, begannen sie die Gesetze gegen Sinti und Roma in Deutschland zu verschärfen und sie auf der Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ von 1933 und des „Reichsbürgergesetzes“ aus dem Jahr 1935 zur Sterilisation zu zwingen. 1936 veröffentlichte der Reichs- und Innenminister eine Verordnung gegen die „Zigeunerplage“, welche dazu führte, dass in einigen deutschen Großstädten „Zigeunerlager“ eingeführt wurden. Diese Lager dienten nicht nur der „Säuberung“ deutscher Städte, sondern bereits der Vorbereitung der Deportationen. Ab 1939 durften Sinti und Roma durch den „Festsetzungserlass“ ihren Aufenthaltsort nicht mehr verlassen, was die erste große Massendeportation nach sich zog. Am 27. April 1940 wurden 2500 Sinti und Roma nach Polen deportiert. Nachdem Heinrich Himmler im Jahr 1938 mit dem Erlass „Zur Lösung der Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse“ bereits eine „Endlösung der Zigeunerfrage“ angekündigt hatte, wurden mit dem „Ausschwitzerlass“ des Jahres 1942 die verbliebenen Sinti in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort kennzeichnete die Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 den grausamen Höhepunkt der rassistischen Verfolgung von Sinti und Roma. Die SS löste das Familienlager auf und trieb 4300 Menschen, darunter vor allem Kinder und alte Menschen, in den Tod. Der Völkermord an den Sinti und Roma wird Porajmos (das Verschlingen) genannt.
Im Nationalsozialismus wurden bis zu 500.000 Sinti und Roma Opfer der Nationalsozialisten.
Quellen und Literatur
Engbring-Romang, Udo: Mit einer Rückkehr ist nicht mehr zu rechnen… Die Verfolgung der Sinti und Roma in Mannheim, Ostfildern 2017.
Engbring-Romang, Udo: Ein unbekanntes Volk? Daten, Fakten und Zahlen. Zur Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma in Europa. Online unter https://www.bpb.de/themen/europa/sinti-und-roma-in-europa/179536/ein-unbekanntes-volk-daten-fakten-und-zahlen/ (Letzter Aufruf am 21.01.24).
Sparing, Frank: NS-Verfolgung von „Zigeunern“ und „Wiedergutmachung“ nach 1945
Online unter: https://www.bpb.de/themen/europa/sinti-und-roma-in-europa/180869/ns-verfolgung-von-zigeunern-und-wiedergutmachung-nach-1945/#footnote-target-4 (Letzter Aufruf am 18.01.24).
Strauß, Daniel (Herausgeber): …weggekommen. Berichte und Zeugnisse von Sinti, die die NS-Verfolgung überlebt haben, Verband Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg, Baden-Württemberg, o. A. des Jahres.